Im Teil 1 unserer Serie “Strategisches Trennungsmanagement” haben wir ausgeführt, worin der strategische Aspekt eines bewussten Trennungsmanagements für Organisationen besteht, und welche Chancen sich hieraus eröffnen.
In Teil 2 widmen wir uns der Frage, wie unternehmerische Nachhaltigkeit in der Trennungskultur einer Organisation sichtbar werden kann.
Wir gehen von vier Grundannahmen aus:
#1: Ein Unternehmen gilt als “nachhaltig”, wenn seine Geschäftspraktiken ökologisch, wirtschaftlich und sozial nachhaltig sind.
#2: Ein Unternehmen lebt eine nachhaltige Vision und Kultur, wenn alle Change Treiber (Organisation, end-to-end Prozesse, Systeme, Kommunikation, Führungskultur, Skills) das Ziel der Nachhaltigkeit unterstützen.
#3: Die Trennungskultur des Unternehmens ist nachhaltig, wenn sie im Einklang mit #1 und #2 gelebt wird.
#4: Eine nachhaltige Trennungskultur führt zum “win-win” für Unternehmen und deren internen und externen Bezugsgruppen; gerade innerhalb von Branchen und wirtschaftlichen Ökosystemen.
Wirft man einen Blick auf die Aussendarstellung der grössten börsenkotierten Unternehmungen in der Schweiz, so sticht das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit geradezu ins Auge. “Sustainability” liegt voll im unternehmerischen Trend!
Die Selbstdarstellung vieler Unternehmen fokussiert auf ökologisch- und wirtschaftlich nachhaltigen Geschäftspraktiken. Soziale Nachhaltigkeit bleibt im Vergleich dazu vage; allenfalls Verweise auf HR Policies, Code of Conduct, oder Entwicklungsprojekte in Produktionsländern, sind zu finden.
Der Trennungsprozess, jener “vermeintlich” letzte Schritt der gemeinsamen geschäftlichen Interaktionen zwischen Organisation und Mitarbeitenden, böte hier viele konkrete Ansatzpunkte, soziale Nachhaltigkeit nach innen zu leben und nach aussen zu zeigen.
Zwei mögliche Ansätze:
1. Rollenwechsel und Talent-Transfer innerhalb der Branche oder eines wirtschaftlichen Ökoystems
Aus der Out-/Newplacement-Beratung wissen wir, dass 90% der gekündigten Mitarbeitenden eine neue Stelle in der gleichen Branche und/oder gleichen Funktion antritt. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass geschäftliche Kontakte über eine Kündigung hinaus fortbestehen.
Der gekündigte Mitarbeitende ist vielleicht neu auf Kunden- oder Lieferantenseite tätig, agiert in Branchenverbänden, oder ist schlicht weiterhin ein B2C Kunde und damit ein möglicher Ambassador (analog oder digital) des Unternehmens. “Man sieht sich immer zweimal” ist ein Sprichwort, das gerade in der kleinen Schweiz eine grosse Bedeutung hat.
Warum also nicht eine Trennungskultur (z.B. gemeinsam mit anderen Branchen-Partnern) entwickeln, die Personen-Transfers innerhalb des geschäftlichen Ökosystems erleichtert?
Wenn die gemeinschaftliche Wahrnehmung sich von “einseitiger Kündigung” zu “Rollentransfer” und “wir bleiben Partner” entwickeln liesse, könnten wir das von Betroffenen erlebte Stigma des “Gekündigtseins” entschärfen. Der Ansatz ist sozial verantwortlich und wirtschaftlich nachhaltig, weil die Basis für künftige geschäftliche Interaktionen bestehen bleibt. Gestützt werden kann ein solcher Ansatz durch gezielte interne/externe Begleitung und Coaching.
2. Performance Management: Frühzeitige Intervention im Sinne einer langfristigen Partnerschaft
Performance-Issues werden in der Regel wenige Monate nach dem Onboarding eines neuen Mitarbeitenden sichtbar. Diejenige/derjenige passt vom Verhalten oder den Leistungen her nicht ins Team, oder die Erwartungen des Neueinsteigenden und/oder der neuen Abteilung/Organisation wollen einfach nicht optimal zusammenpassen. Besteht dieser Zustand über längere Zeit, sinken potentiell das “Engagement” und damit die Produktivität von ganzen Teams. Interaktionen mit internen oder externen Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern, können nachhaltig negativ betroffen sein.
Gingen wir nun davon aus, dass mit jeder Neueinstellung, aber natürlich auch mit jedem internen Wechsel, ein Risiko für ähnliche Szenarien besteht, wäre eine standardisierte Intervention wünschenswert. Das Ziel bestünde in einem Fortbestand der partnerschaftlichen geschäftlichen Beziehung, entweder innerhalb der Organisation, oder ausserhalb der Unternehmung (siehe 1.).
Zunächst könnte ein Leistungsfeedback und eine gemeinsame Analyse zwischen Line Manager und betroffener Person erfolgen. Bliebe dies erfolglos, wäre beispielsweise eine externe Standortanalyse ein probates Mittel.
Fähigkeiten und Persönlichkeit (“Was kann ich”) würden mit den persönlichen und beruflichen Zielen (“Was will ich”) sowie mit den realistischen Optionen innerhalb und ausserhalb der Organisation abgeglichen.
In diesem bewusst geführten Prozess ist ein interner Transfer in einen besser passenden Bereich ebenso denkbar, wie die Trennung auf Augenhöhe mit der Vision sich künftig in anderen Rollen und Konstellationen partnerschaftlich, z.B. innerhalb der Branche, begegnen zu können. In jedem Fall wird dem/der Betroffenen die Möglichkeit zur Realisierung und Einordnung der unbefriedigenden Ist-Situation gegeben, und sie wird bei der Neuausrichtung zu ihrem Wohle (und der des Unternehmens) nicht alleine gelassen, sondern sozial verantwortlich begleitet und unterstützt.
Würde ein Ansatz wie der beschriebene zusätzlich dazu beitragen, dass Unternehmen frühzeitiger notwendige Personalentscheidungen treffen, so lässt sich ausrechnen, welcher nachhaltige Benefit für alle Beteiligten erzielt werden könnte.
Ausblick
Das strategische Trennungsmanagement bietet interessante Chancen für HR Verantwortliche, kreative, zu ihren Unternehmen und ihrer Branche passende, mittel-und langfristig wirksame Ansätze im Sinne der Nachhaltigkeit zu designen und umzusetzen.
Gelebte soziale Verantwortung liesse sich so mit handfesten wirtschaftlichen Interessen in Einklang bringen!
Mehr zum strategischen Trennungsmanagement lesen Sie in Teil 3 unserer Serie: “Warum sich der Verwaltungsrat für die Trennungskultur des Unternehmens interessieren sollte“